MANUACT: Ringvorlesung Mit den Händen sprechen

 

Susanne Grassmann (Fachhochschule Nordwestschweiz):

Die Zeigegeste unter der Lupe
 

 

Menschen zeigen. Ständig. Überall. Hier. Da. Dort. In dieser Richtung. Hier lang. Dieses. Nein, Jenes. Schau mal. Usw. In einigen Kulturen zeigt man (wie bei uns) mit dem ausgestreckten Finger, in anderen mit der Unterlippe. Und in der kindlichen Entwicklung spielt die Zeigegeste eine kaum zu überschätzende Rolle bei dem Spracherwerb.

Die Zeigegeste ist derart fundamental für menschliche Kommunikation, dass es erstaunt, dass unsere evolutionär „nächsten Verwandten“, die Menschenaffen, diese simple Geste partout nicht verstehen: Versteckt man ein Leckerli unter einem von zwei Bechern und „verrät“ einem Schimpansen, wo das Leckerli ist, indem man auf den Becher zeigt, sind die Chancen, dass der Affe unter dem angezeigten Becher sucht nicht grösser, als wenn man das Tier raten lässt: 50 %!!! Sogar 12 Monate alte Babys „bestehen“ einen analogen Test – und, wie sich in den letzten Jahren herausstellte – auch Elefanten, Pferde, Ziegen, Schweine, Hunde, Katzen, Dingos, Frettchen, Füchse, Wölfe, Seelöwen, Seehunde, Delfine, Flughunde, Kiefernhäher, Tauben, Dohlen, Raben, Papageien ... – Man ist geneigt zu fragen, ob Ziegen und Seelöwen wohl sprachbegabter sind als Schimpansen.

Im Referat wird dieser Frage nachgegangen. Ausgetüftelte Untersuchungsmethoden und genaueste Analysen sind nötig. „Die Zeigegeste unter der Lupe“ diskutiert Fragen wie: Was ist Sprache? Was ist Kommunikation? Wann gelingt Kommunikation? Was bedeutet es Kommunikation (oder Kommunikationsversuche) zu verstehen? Wie entwickelt sich dieses Verständnis? Welche Rolle spielen dabei Gene und Lernprozesse? Im Zentrum des Referates stehen wissenschaftliche Untersuchungen zu den kommunikativen Fähigkeiten von Kleinkindern, Menschenaffen und Hunden, aber auch andere Tierarten werden einbezogen.


 

Termin: Mittwoch, 16. Dezember 2015 um 19.00 Uhr.
Ort: Vortragssaal des Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz, 5. Etage, Zugang über das seitliche Treppenhaus Bahnhofstraße, Ecke Brückenstraße.